Istanbul – Schmelztiegel zwischen Orient und Okzident

1.600 Jahre lang war Istanbul die Hauptstadt der Byzantiner, Römer und Osmanen. Eine Stadt mit einer ereignisreichen und langen Geschichte wie kaum eine andere Metropole. Das hat eindrucksvolle Spuren hinterlassen und die unterschiedlichsten Kulturen und Religionen beherbergt.

Es ist die einzigartige Lage, die Istanbul seit jeher attraktiv macht. Im Westen der Türkei liegend umschließt sie den Bosporus, der die Stadt in einen asiatischen und einen europäischen Teil spaltet und das Goldene Horn, eine Bosporusbucht, die wiederum den europäischen Teil in einen südlichen und nördlichen Teil trennt. Der südliche Teil grenzt wiederum ans Marmarameer.

Nach dem Bau zweier Bosporusbrücken explodierten die Einwohnerzahlen und die Stadt wurde zu einem bunten Schmelztiegel. Istanbul dehnt sich rund 50 Kilometer in Nord-Südrichtung und rund 100 Kilometer in Ost-West-Richtung aus. Heute leben an die 20 Millionen Menschen in Istanbul, der bevölkerungsreichsten Stadt der Türkei und einer der größten Metropolen der Welt.

Von Byzanz über Konstantinopel zu Istanbul

Die erste Hochblüte erlebte die Stadt im byzantinischen Zeitalter von 660 bis 146 v. Ch. als Byzanz und Hauptstadt des oströmischen Reiches. Nach der Übernahme durch die Römer, erklärte der römische Kaiser Konstantin die Stadt zur Residenzstadt des römischen Reiches und sie wurde in Konstantinopel umbenannt.

Unter der byzantinischen und römischen Herrschaft entstanden zahlreiche beeindruckende Gebäude wie die Hagia Sophia, die Cisterna Basilica oder das Hipodrom. 1453 übernahmen die Osmanen die Stadt und seitdem heißt sie Istanbul. Die heutigen Touristen-Hotspots Topkapi Palast, Blaue Moschee, Süleymaniye Moschee oder der große Basar entstanden während der Herrscherzeit der Osmanen. Mustafa Kemal Pasa, der später den Namen Atatürk, Vater der Türken, bekam, beendete in einer unblutigen Revolution das Sultanat und rief 1923 die Türkei zur Republik aus. Zur Hauptstadt wurde in Folge Ankara ernannt.  

Die Kunstschätze der Altstadt

Die meisten Attraktionen befinden sich in Sulthanamet und der historischen Altstadt im südlichen, europäischen Teil von Istanbul, allen voran die Hagia Sophia. Sie gilt heute noch als eine der größten architektonischen Meisterwerke der Welt. Nach dem Brand und der Zerstörung zweier Vorläuferbauten, ließ Kaiser Justinian im 6. Jahrhundert mit dem Bau der Kuppelbasilika eine architektonische Einzigartigkeit entstehen.

Die Kuppel der Hagia Sophia mit ursprünglich 33 Metern Spannweite ist bis zum heutigen Tage die größte über nur vier Tragepunkten errichtete Ziegel-Kuppel der Architekturgeschichte. Der Besuch der einstigen römischen Kirche, die nach der Eroberung durch die Osmanen zu einer Moschee wurde, dann zu einem Museum und seit 2020 wieder eine Moschee ist, versetzt einem in pures Staunen und Bewunderung ob dieser gigantischen Proportionen und der einzigartigen Atmosphäre, die dieses Bauwerk schafft. Gegenüber setzten die Osmanen ein architektonisches Gegenstück zu dem römischen Meisterwerk, die Sultan-Ahmed Moschee, oder wegen ihrer blauen Iznik Kacheln im Inneren auch blaue Moschee genannt.

Sie zählt heute zu den berühmtesten Moscheen der Welt und sollte als Zeichen der Überlegenheit des Islams gegenüber dem Christentum die Hagia Sophia übertreffen. Der Sage nach ordnete Sultan Ahmed I. ein mit Gold (altin) gedecktes Minarett an. Der Architekt missverstand den Auftrag und errichtete sechs (alti) Minarette, womit die Moschee mit der größten Moschee der Welt in Mekka (die heute 10 Minarette hat) gleichzog, was den Sultan sehr erfreute.  

Versunkener Palast 

Eine der beliebtesten Touristenattraktionen, ist die von Kaiser Konstantin beauftragte und unter Kaiser Justinian erbaute Cisterna Basilica, die von den Türken versunkener Palast genannt wird. Sie diente als Wasserspeicher für den Großen Palast und Residenz des Kaisers, von dem heute nichts mehr übrig ist.

Die Zisterne hat ein Fassungsvermögen von 80.000 Kubikmetern Wasser. Zwölf Reihen von 28, insgesamt also 336 jeweils acht Meter hohen Säulen mit überwiegend korinthischen Spolienkapitellen tragen das Gewölbe. Die beeindruckende Zisterne dient auch immer wieder als Filmkulisse. Szenen aus James Bonds Liebesgrüße aus Moskau, Jackie Chans Spion wider Willen oder Dan Brown’s Verfilmung von Inferno mit Tom Hanks spielen in der Cisterna Basilica.  

Topkapi Palast - Die Residenz der Sultane

Auch die flächenmäßig größte Attraktion Istanbuls ist zu Hollywood-Ehren im Film Topkapi gekommen. Die Palastanlage umfasst mehrere Pavillons in einem großen Garten und vier Innenhöfen. Der Palast diente den Sultanen bis 1856 als Regierungssitz und Ausbildungsstätte für Beamte und Soldaten, bevor der am Ufer des Bosporus nach europäischem Flair errichtete Dolmabahce-Palast Topkapi als Residenzort ablöste.

Die Anlage bietet eine wunderbare Panoramasicht auf Istanbul, den Bosporus und das Goldene Horn. Besonderes Highlight ist der im dritten Innenhof zugängliche Harem. Dort befanden sich die Privatgemächer des Sultans und seiner Haremsdamen, mitunter bis zu 2000 Frauen. Die größte Macht besaß jedoch die Sultansmutter, die nicht nur den Haremsdamen vorstand, sondern Sonderrechte und eigene Bereiche des Palasts für sich beanspruchen konnte. Sie galt zeitweise als die mächtigste Person nach dem Sultan im ganzen Osmanischen Reich. 

Buntes Treiben im Basarviertel

Vom nördlichen Ufer des Goldenen Horns betrachtet, erstrahlt abends die Süleymaniye-Moschee die Silhouette des europäischen Teils Istanbuls. Die ab 1550 für Sultan Suleiman I. errichtete Moschee verleiht dem Bau mit ihren Kaligrafien, den Buntglasfenstern und Schnitzwerken eine besondere Leichtigkeit. Der prächtige Hof ist von einer Kolonnade umgeben, deren Säulen vermutlich aus dem Hipodrom der Römer stammen.

Nicht unweit der Moschee findet sich bergab ein Viertel, dessen kleine Gassen von unzähligen Geschäften gezäumt ist, die zum überdachten Großen Basar führen. Man ist hier definitiv nicht Alleine und muss sich unter jede Menge Einheimischer und Touristen zu Recht finden. Früher diente der überdachte Teil als Lager und Handelsplatz für besonders wertvolle Güter. Die bemalten Gewölbe und die Fülle an Gütern verströmen orientalische Pracht, vor allem Schmuck, Teppiche und Laternen werden Touristen gerne angeboten. Klein aber nicht minder fein geht es im Ägyptischen Basar zu, wo jede Menge orientalische Gewürze und Süßigkeiten feil geboten werden. Nach so viel Trubel bietet der Besuch im Cemberlitas-Bad, einem der schönsten Hamams in der Türkei, eine wohltuende Entspannung.      

Drehscheibe Taksim-Platz

Voll ins Istanbuler Leben kann man auch auf der nördlichen Seite des europäischen Teils der Stadt eintauchen. Die Stadtteile Beyoglu und Galata sind beliebte und sehr belebte Vierteln in Istanbul. Drehscheibe ist der Taksim-Platz, der ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt der Stadt ist. Von hier aus führen mehrere verkehrsreiche Straßen in alle Richtungen, aber auch die bekannteste Einkaufsstraße der Stadt, die Istiklal Caddesi (Unabhängigkeitsstraße) verläuft von diesem Platz hinunter zum Galata Tower. T

agsüber Einkaufsstraße und nachts eines der Zentren des Istanbuler Nachtlebens herrscht hier bis spät nach Mitternacht reges Treiben. Nicht zu beneiden sind die Straßenbahnfahrer, die sich mit der historischen Straßenbahn durch permanentes Gebimmel mühevoll den Weg durch die Menge bahnen müssen. Früher auch Grande rue de Péra genannt, war sie das Zentrum des kosmopolitischen, westlich orientierten Istanbuls. Heute sind noch einige Jugendstilelemente in Ladenpassagen und Geschäftsfronten zu erkennen. Wer dem Trubel entfliehen möchte, dem sei ein Flanieren in Galata entlang des Goldenen Horns bis zum Bosporus empfohlen. Da kann man dem ebenfalls regen Treiben des Schiffsverkehrs und den Anglern zusehen, die geduldig ihr Glück auf einen fetten Fang versuchen. 

Bericht und Foto Wolfgang Haas 


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