Der Global Retail Banking Report 2019: The Race for Relevance and Scale der Boston Consulting Group. 

  • Bankfiliale nur noch für 8 Prozent der Österreicher einzige Anlaufstelle bei Finanzgeschäften
  • Generation 60+ nützt häufiger ausschließlich digitale Bankservices als die Gruppe der unter 25-Jährigen
  • Weltweite Erträge steigen im Privatkundengeschäft („Retail-Banking“) auf 2,1 Billionen US-Dollar
In Österreich nutzen 58 Prozent der Österreicher digitale Bankservices, 34 Prozent erledigen ihre Finanzgeschäfte sowohl online als auch in der Bankfiliale, und nur noch 8 Prozent verzichten ganz auf digitale Services. Österreich liegt damit bei der Nutzung digitaler Services auf Platz drei unter den diesbezüglich untersuchten elf Ländern, knapp hinter Belgien mit 63 Prozent ausschließlichen Online-Usern und den Niederlanden mit 77 Prozent online-affinen Bankkunden. Das zeigt der Global Retail Banking Report 2019 der Boston Consulting Group (BCG) mit dem Titel The Race for Relevance and Scale

Weltweit ist der Anteil von Bankkunden, die ausschließlich die Bankfiliale für ihre Geschäfte nutzen, seit 2015 von 35 auf 12 Prozent gesunken. Der Anteil ausschließlicher Online-Kunden ist im selben Zeitraum von 28 auf 40 Prozent angewachsen, und 48 Prozent nutzen 2019 sowohl digitale Bankservices als auch die Filiale vor Ort. „Der Trend zu digitalen Bankservices stellt die österreichischen Banken vor die Herausforderung, einfache, vertrauenswürdige und nutzerfreundliche Lösungen anzubieten“, sagt BCG-Österreich-Chef Lukas Haider. „Den harten Wettbewerb um Neukunden werden jene Banken gewinnen, die innovative digitale Produkte und Dienstleistungen anbieten.“

Best Ager lieben Internet-Banking
Entgegen allen Klischees sind es die Bankkunden über 60 Jahren, die ihre Finanzen mehrheitlich (61 Prozent) ausschließlich online managen, wohingegen nur jeder Zweite (51 Prozent) der unter 25-Jährigen exklusiv digitale Bankservices nutzt. 

Die Bankfiliale hat aber noch nicht komplett ausgedient. Bei der Eröffnung eines Kontos oder bei Bankgeschäften, die Beratung erfordern, wie zum Beispiel die Entwicklung von Investment-Strategien, legen die Österreicher Wert auf den persönlichen Kontakt. Die Filiale wirkt dabei noch immer als ein wichtiges Aushängeschild und schafft Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Markenreputation. So entscheidet sich knapp jeder dritte Österreicher (30 Prozent) bei der Eröffnung eines Girokontos für die nächstgelegene Bank. 

Die Österreicher sind im weltweiten Vergleich äußerst preissensibel: Für knapp jeden Dritten (31 Prozent) sind die Kosten bei der Wahl der Bank das wichtigste Kriterium, und für 41 Prozent ist es der entscheidende Faktor, wenn die Geschäftsbeziehungen mit einer Bank aufgelöst werden. Da Finanzgeschäfte auch eine Vertrauenssache und häufig komplex sind, legen die heimischen Kunden im internationalen Vergleich besonders großen Wert auf guten Kundenservice. Für 19 Prozent – gut ein Fünftel – ist es der Hauptgrund, mehr Geld anzulegen. 

Weltweite Erträge von 2,9 Billionen US-Dollar erwartet
Die Erträge aus dem Privatkundengeschäft in Österreich erreichten 2018 rund 6,9 Milliarden US-Dollar. Bis 2025 prognostiziert BCG für Österreich ein minimales Wachstum von 0,5 Prozent pro Jahr. 

Weltweit sind die Prognosen für die nächsten Jahre positiv: Die Erlöse im globalen Retail-Banking erreichten 2018 ein Gesamtvolumen von 2,1 Billionen US-Dollar. BCG erwartet bis zum Jahr 2025 eine Steigerung auf 2,9 Billionen US-Dollar, also ein Plus von weltweit fast 1 Billion US-Dollar. Von den Gesamterlösen wird mehr als 1 Billion US-Dollar aus dem asiatischen Markt generiert. Für Europa rechnet BCG mit einem Erlös von 485 Milliarden US-Dollar.

Massive Investitionen notwendig
Ein Blick auf österreichische Retail-Banken zeigt, dass die Höhe der Investitionen in digitale Lösungen weit hinter – in dieser Hinsicht – global führende Banken zurückbleibt. „Dabei erfordert das sich fundamental ändernde Wettbewerbsumfeld gerade jetzt entschlossenes und vorausschauendes Investieren“, so Haider. Retail-Banken haben vier mögliche Strategieoptionen, um die Weichen für zukünftigen Geschäftserfolg zu stellen:
 
Digitalisierte Universalbank: Das Kerngeschäft wird mit Hilfe von Technologie-, Analytics- und einer Daten-Plattform grundlegend digitalisiert.
 
Open Banks: Einfache Anbindung von Partnern im Vertrieb mit auf diese Zielgruppe zugeschnittenen Lösungen und Standardschnittstellen. Einbindung von Services und Produkten von Fintech-Partnern in die eigene Wertschöpfungskette .
 
Vernetztes Ökosystem: Besetzen attraktiver Bedarfsfelder wie Wohnen oder Mobilität durch Schaffung von Angebotsplattformen über Banking hinaus.
 
Produktfabrik: Banken fokussieren sich auf erfolgreiche Produkte und Services ihres Kerngeschäfts, vertreiben diese über Drittanbieter und bieten neuen Wettbewerbern einfachen Zugang zu Bankprodukten.

„Banken, die sich nicht schnell bewegen, riskieren, rapide an Relevanz zu verlieren“, sagt Haider. „Deshalb benötigen österreichische Banken zukunftsorientierte Strategien, gekoppelt mit einer klaren Priorisierung, in welche Kanäle das vorhandene Budget fließen soll.“ 

Über die Studie
Der Global Retail Banking Report erscheint jährlich. Grundlage ist unter anderem der BCG Retail Banking Excellence Benchmark (REBEX). Darin analysiert die Boston Consulting Group Finanzinstitute weltweit auf Basis von hunderten Leistungskennzahlen sowie Umfragen unter Führungskräften und Kunden von Banken in 26 Ländern. Eine weitere Datengrundlage bilden die BCG Banking Pools, ein globales Datenmodell, das die historischen und künftigen Erträge von Banken in 49 Ländern auf Produktebene ermittelt. Die diesjährige Studie Global Retail Banking 2019: The Race for Relevance and Scale kann hier heruntergeladen werden.
 
Foto: Shutterstock - WAYHOME studio

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